Die
Tatsache, daß zwischen Jungfernstieg und Gänsemarkt die vielgeliebte Promenade
der schönen Hamburgerinnen verläuft, hat seit Heinrich Heines Tagen eingeborene
und zugewanderte Hanseaten zu ebenso vielen liebenswürdigen wie spöttischen
Bemerkungen angeregt. Sei es wie es sei - fest steht, daß hier nun einmal eines
der Herzen der Elbestadt schlägt. Hier, unfern der riesigen Hotelbauten und der
mächtigen Konzernresidenzen, ist das Publikum international. Nicht ohne Grund,
denn hier kann man an der dichten Reihe jener altberühmten Geschäfte
vorbeiflanieren, in deren Auslagen sich Gediegenheit mit Eleganz gefällig
verbindet. Hier wird mit Stolz auf Firmenschildern kundgetan, daß Kenntnisse und
Erfahrungen ununterbrochen von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Und daß hier Service schon zur Selbstverständlichkeit geworden war, noch ehe das
Wort deutsches Bürgerrecht erhielt. Viel Besonderes gibt es zwischen
Jungfernstieg und Gänsemarkt. Darum nimmt es auch nicht wunder, daß sich hier
Hamburgs Pfeifenraucher, dazu Pfeifenraucher aus aller Welt treffen: bei
„Ferdinand Tesch Wwe."
Zwischen
der Pracht der Läden in den Colonnaden" — einem Straßenzug in direkter
Verlängerung des Jungfernstieges, der durch den säulengetragenen Überbau des
Bürgersteiges fast pariserischen Reiz erhält -, zwischen den Auslagen der
Juweliere, der Kosmetiker, der Coiffeure und der Mode-Ateliers müßte sich
eigentlich die nur ein paar Meter breite Ausstellung eines Tabakwarenhändlers
recht bescheiden ausnehmen.
Gestern und heute geben sich Teschs Schaufenster ein
Stelldichein: Kulturgeschichte aus erster Hand
Daß sich
aber oft genug die Passanten - und selbst offenkundige Nichtraucher sind dabei -
vor Hermann Teschs „Geschäftsbereich" stauen, ist einer kleinen, klugen und nun
schon traditionellen Pointe dieser Auslage zu verdanken: Seit genau dreißig
Jahren - seit 1928 - bietet Teschs Schaufenster außer der üblichen Andeutung
eines überraschend wohlassortierten Lagers ein Stück Kulturgeschichte zum
Beschauen an - Pfeifen aus allen Zeiten, Pfeifen aus allen Stilepochen und
Pfeifen aus allen nur erdenklichen Materialien geben sich ein Stelldichein. Und
zur Weihnachtszeit - ja, dann ziehen die Hamburger Butjer die Mama zu Teschs
Laden hin: „Nur einmal die ganz große Pfeife sehen!" Womit das Prunkstück aus
Hermann Teschs berühmter und umworbener Pfeifensammlung gemeint ist, das eben
nur zu dieser Festzeit ins Fenster kommt: ein kniegroßer Meerschaumkopf mit
einem beinahe mannslangen Mundstück, das eine Hülle aus biedermeierlicher
Perlstickerei schmückend umgibt.
Alles in
Hermann Teschs Laden, in dem auch der unscheinbarste Winkel ausgenutzt ist,
weist auf Tradition hin. Und schließlich ist der große, schlanke Mann mit dem
schmalen Kopf des Hamburgers selbst so etwas wie eine Verkörperung hanseatischen
Kaufmannsgeistes. Doch - so meint er - „Tradition ist nur gut, wenn sie in die
Gegenwart fruchtbar weiterwirkt. Das Beste zu bieten, war schon der Grundsatz
meines Großonkels, der 1880 unser Unternehmen in eben diesem Laden gegründet
hat. Übrigens wirkte seine Ehehälfte nebenan, im Haus Nr. 12 - dort war sie
Putzmacherin, und bei ihr gingen die Frauen der berühmten Reeder ein und aus.
Und doch - als Großonkel Ferdinand nach acht Jahren überraschend starb, übernahm
unsere Großtante stillschweigend seine Gründung. „Es wird in meines seligen
Mannes Sinn weitergearbeitet!“, erklärte sie energisch. Und so stand sie am
Ladentisch des Tabakwarengeschäftes, und sie stand an dem Tisch, an dem ihre
Hilfskräfte die Hüte mit den Reiherbüschen zusammenstichelten. Die Aufgabe
jedoch, die sich ihr Mann gestellt hatte - den Namen Ferdinand Tesch zu einem
der bekanntesten im hamburgischen Tabakwarenhandel zu machen -, erfüllte sie
dann so gut, daß sie eines Tages schlankweg ihre Putzmacherei aufgab und nur
noch zwischen Tabakpackungen und Pfeifen regierte."
Ihr Geschenk für IHN: edle, sandgestrahlte
Pfeifen in festlicher Schatulle
Hermann
Tesch deutet auf eine liebevoll mit Gambrinus, dem Gott der Gastlichkeit
gezierte Pfeife eines Wiener Meerschaumschnitzers: „Die da drüben hat sich noch
aus der Zeit meiner Großtante erhalten." „Übrigens - gefürchtet war die alte
Dame von allen Vertretern. „Diese Frau Tesch sucht sich nur die Sahne aus
unserem Angebot aus“, klagten sie, wenn sie den Laden verließen. Aber die Kunden
freuten sich darum um so mehr, vor allem, als unsere Firma begann, oft in
alleiniger Lizenz für das norddeutsche Gebiet, unmittelbar Pfeifen aus England
oder Irland zu importieren. Darum finden Sie auch heute noch bei uns das denkbar
reichhaltigste Angebot berühmter Firmen."
Mit dem
Angebot der besten Pfeifenfabrikate kam selbstverständlich auch der „Service“ …
„Wir kennen, schätzen und bedienen uns des, BRINKMANN-Kundendienstes' ", erklärt
Hermann Tesch, „aber darüber hinaus haben wir auch einen ladeneigenen
Tesch-Service!" Und diesen Tesch-Kundendienst spürt man während unserer
Unterhaltung immer wieder. „That's all right, Sir, - S'il vous plait, Monsieur
-…" In mancherlei Sprachen weiß Hermann Tesch, weiß Frau Hedwig die Kunden
zufriedenzustellen. „Wie ein Auto seine Inspektion nach einer Anzahl von
gefahrenen Kilometern braucht, so werden auch bei uns die Pfeifen unserer Kunden
nach einer gewissen Zeit nachgesehen, gereinigt - kurz, wieder „fit“ gemacht.
Und wenn auch nicht alle unsere Freunde sich so verhalten wie jener Doktor aus
dem Oldenburger Gebiet, der in wenigen Jahren über fünf Dutzend Pfeifen bester
Qualität bei uns erwarb, so wird doch manch ein Kunde im Gespräch unauffällig
angeregt, „sich doch mal ein anderes, modisches' Modell zuzulegen."
Viele
junge Kunden hat die Firma Tesch - der Werbeslogan der Großtante — „Junger Mann,
fang mit 'ner Pfeife an!“ - hat sich bewährt. Zugkräftig ist aber auch das
Publikum, das sich bei Hermann Tesch trifft: irgendeine Berühmtheit kann man
bestimmt im Laufe des Tages sehen. Ein Gästebuch zu führen, haben die Eheleute
Tesch bereits seit langem aufgegeben. Denn aus dem Buch wären sonst schon viele,
viele Bücher geworden. Michael Jary, der Schlagerkomponist, ist genauso
Stammkunde wie Lonny Kellner, die hier die Raucherutensilien für ihren Gatten
Peter Frankenfeld erwirbt. Hans Richter trifft sich hier mit Hardy Krüger, Graf
Luckner kauft sich bei Tesch seinen Vorrat an Tabak und Pfeifen, ehe er seine
langen Vortragsreisen antritt. Selbst Romy Schneider führt hier die Aufträge von
„Daddy" Blatzheim aus. „Einer unserer eifrigsten Kunden aber war Dr. Hugo
Eckener - allerdings mußte ihn Zeppelin-Kapitän Schiller beim Einkauf beraten!
Hermann Tesch - in der Mitte Frau Hedwig - zeigt
Verkaufsleiter Spitzar das Prunkstück der Pfeifensammlung ein kniegroßer
Meerschaumkopf mit mannslangem Rohr
Amerikaner, Schweizer, Skandinavier sind es dann, die
sich besonders für Teschs kulturhistorisch interessante Pfeifensammlung
interessieren — aber nur „besonders" … Denn oft genug hilft selbst dem
sprachgewandten Hermann Tesch nur noch die Sprache der deutenden Finger, wenn
allzu exotische Ausländer, durch gute Freunde hingewiesen, seinen Laden
betreten.
„Übrigens", schmunzelt Hermann Tesch, „nicht nur für
Pfeifen besteht internationales Interesse, auch für Tabake. So kam neulich
ausgerechnet aus USA die Anfrage eines Kunden, auf welche Weise er regelmäßig
Golden Mixture beziehen könne. Seit er ihn in Hamburg geraucht habe, könne ihn
kein anderer Tabak mehr zufriedenstellen."
Die
Nachfolge ...? Keine Sorge, sie ist garantiert —der Name „Ferdinand Tesch Wwe."
wird genausowenig von dem Laden in Hamburgs Colonnaden verschwinden, wie die
Pfeifen aller Zeiten, aller Stile aus der interessanten und darum werbekräftigen
Auslage...
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GmbH Quelle: Das Tabakblatt - Ausgabe: April 1958 - Autor:
Unbekannt
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