Das
Haus der 50.000 Pfeifen
Einen Kunden, der bei uns
nicht die gewünschte Pfeife findet, nach der er sucht, gibt es einfach nicht!"
Diese etwas leicht
überheblich klingende Feststellung hörte ich nicht zum ersten Male, als ich das
Geschäft von Pfeifen-Heinrichs am Heumarkt in Köln betrat. Freunde hatten mir
diese stehende Redensart Leo Heinrichs verraten, und darum lag es auf der Hand,
ihn einmal aufs Glatteis zu führen.
Also verlangte ich eine
Pfeife. „Eine sehr lange, bitte!" Doch irgendwie muß mich der Teufel geritten
haben, als ich betont fordernd hinzufügte: „Ich dachte an etwa drei Meter!"
Verlegenheit ist aber ein
Wort, das am Kölner Heumarkt unbekannt ist. Leo Heinrichs sprach den markanten
Satz, verschwand im Lager —und kam tatsächlich mit der gewünschten drei Meter
langen Pfeife zurück!
Nun, — ich war geschlagen.
Kein Wunder, denn die 50.000 Pfeifen, über die Leo Heinrichs verfügt, bieten
eine Auswahl, die jeglichen Wunsch erfüllbar macht.
Herrliche Pfeifen habe ich
vorgefunden, einmalig in ihrer Form und in der Maserung ihres Holzes. Jedem
Stück, das ein Käufer entführe, weine man eine Träne nach, gestand man mir.
Verständlich ist das, zumal eine viele hundert Stück umfassende Pfeifensammlung
unter Trümmern begraben liegt.
Doch diese
Pfeifenverkäufer aus Passion, Leo und Peter Heinrichs, haben langst den
Grundstein zu einer neuen Sammlung gelegt. Von einigen wunderschönen alten
Pfeifen haben es mir eine Meerschaumpfeife mit Silberbeschlag, gut 150 Jahre
alt, und eine geschnitzte Meerschaumpfeife, die wohl 200 Jahre auf ihrem Kopf
haben mag, besonders angetan.
Im Schaufenster locken sie
die Bewunderer und Kunden an. |
Noch steht er vor dem Schaufenster, doch nicht mehr lange. Dann wird
auch ihn die Neugierde ins Ladeninnere treiben, wo sich die bekanntesten
Pfeifenmarken der Welt ein Stelldichein
geben.
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Wie die Spanne von
Oberlängen bis zur normallangen Pfeife reicht, so sind nicht nur alle führenden
Pfeifenmarken vertreten, sondern auch die Preise reichen, für die kostbarsten
Stücke, bis über 250 Mark hinaus. Zu 40 Prozent umfaßt das Sortiment die
mittlere, zu 35 Prozent die gehobene und zu 25 Prozent die höchste Preisklasse.
Natürlich wollte ich
wissen, wie die Gebrüder Heinrichs ihr
Pfeifengeschäft ankurbeln, weil ein solches Riesenlager ja eines entsprechenden
Umschlags bedarf. Und da dürfte es mit landläufigen Bemühungen kaum getan sein.
Für Leo Heinrichs gibt es keine Probleme,
die nicht zufriedenstellend zu lösen wären. Frauen wissen seinen fachmännischen
Rat besonders zu schätzen, wenn es darum geht, die richtige Pfeife als Geschenk
für IHN zu finden.
Nun: Peter und Leo
Heinrichs hecken stets neue, zugkräftige Werbeideen aus. Sie sind gewitzte
Kaufleute, die mit Humor mehr verkaufen als mancher andere mit tiefgründigen,
wohlmeinenden Aussagen. Hier ein Beispiel:
In einem ihrer
Schaufenster, die übrigens jedem Pfeifenfreund wie der siebente Himmel vorkommen
müssen, stellten sie eines Tages ein Paar völlig durchgelaufene und ausgetretene
Schuhe aus, dazu ein Schild:
Diese Dekoration war im Nu
Stadtgespräch, ja die Polizei kam sogar und verlangte die Entfernung, — was dazu
beitrug, daß noch mehr darüber gesprochen wurde.
Ein anderes Mal gaben die
Gebrüder Heinrichs zu raten auf, wieviele Pfeifen im Hauptgeschäft und in den
Filialen zusammen ausgestellt seien. Die Pfeifen lagen in Körben, kreuz und quer
in den Schaufenstern verstreut oder hingen in Netzen von der Decke herab. Für
alle, die der richtigen Zahl am nächsten kamen, waren Pfeifen nach ihrer Wahl
als Preise ausgesetzt. Zählen konnte man die Pfeifen nicht, und die Beteiligung
war ebenso groß wie die Möglichkeit, sich zu verschätzen.
Zur Nachahmung kann aber
auch die Idee empfohlen werden, den ältesten Pfeifenraucher zu suchen.
Pfeifen-Heinrichs hat es ausprobiert, mit kleinen Zeitungsanzeigen im weiten
Kölner Gebiet. Abgesehen vom Wert der Klein-Anzeigen, fand diese Aktion ein
großes Echo, wie ein dicker Ordner mit Zuschriften es beweist. Die Ältesten
bekamen eine neue Pfeife oder eine Jahresrente Tabak.
Ein geradezu
unwahrscheinlicher Erfolg wurde aber der Pfeifentest, eine Umtauschaktion alter
gegen neue Pfeifen, wobei alte mit einem geringen Wert in Zahlung genommen
wurden. Diese Aktion wurde gleichfalls mit Klein-Anzeigen gestartet. In knapp
zwei Monaten sind dabei über 400 alte, ausgediente Pfeifen umgetauscht worden.
Mit solchen Werbeideen
wird man über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Aber nicht nur im Norden und
Süden Deutschlands wohnen Kunden von Pfeifen-Heinrichs. Wenn jemand im
afrikanischen Busch, in Kanada, Australien, in Indonesien, auf Java oder Sumatra
seine Pfeife zerbricht, schreibt er an Pfeifen-Heinrichs und bekommt postwendend
eine neue Pfeife zugeschickt.
Auf dem Schreibtisch sah
ich einen Brief, adressiert an Pfeifen-Heinrichs, Tyskland. Er kam aus
Landskrona in Schweden. Daß er den Empfänger erreichte, spricht ebenso für die
Findigkeit der Post, wie er den Ruf von Pfeifen-Heinrichs bezeugt. Dank der
Liebe zu kleinen und großen Pfeifen, der unerhörten Sachkenntnis beider Inhaber
und der vielen Ideen, die sie haben.
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Copyright © 2008 by TECON
GmbH Quelle: Das Tabakblatt - Ausgabe: April 1959 - Autor: Willy Berens
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